Rolf Wüstenhagen und seine fantasievollen Gegenbehauptungen, Teil 1

Die Gegner der Energiestrategie behaupten

Die Umsetzung der Energiestrategie 2050 kostet Wirtschaft und Bürger rund 200 Milliarden Franken oder 800 Franken pro Person und Jahr während 30 Jahren. Umgerechnet auf einen Haushalt mit vier Personen sind dies jährlich 3200 Franken.

Rolf Wüstenhagen kontert:

  • Unsinn! Hier werden Äpfel mit Birnen und Bananen summiert. Wobei die Äpfel die Kosten sind, die sowieso anfallen – für den Erhalt des Stromnetzes oder den Ersatz von Kraftwerken. Die Birnen sind zusätzliche Investitionen in Sonne, Wind, Wasserkraft und Energieeffizienz, über die wir de facto abstimmen. Die 3200 Franken sind falsch und beruhen auf methodisch höchst fragwürdigen Berechnungen. Das ist keine Wissenschaft.
  • Es ist wie beim Auto: Da kann man auch nicht 50 Jahre mit denselben Reifen herumfahren und sich dann wundern, dass man plötzlich einen Platten hat. So aber argumentieren die Gegner der Energiestrategie.
  • Sie leben in einer Traumwelt, in der wir bis 2050 nichts mehr investieren, unseren Strom aus dem bis dann 81-jährigen AKW Beznau beziehen und die 100-jährigen Stromnetze noch zuverlässig funktionieren. Völlig unterschlagen wird: Weniger Energie kostet auch weniger – logisch, oder? Zwar müssen wir zuerst das Portemonnaie für ­Investitionen wie die Wärmedämmung von Häusern oder den Kauf effizienterer Autos öffnen. Langfristig aber sparen wir rund zehn Milliarden Franken pro Jahr.
  • Und Fukushima hat bewiesen: Ein einziger Atomunfall kann 100 Milliarden Franken kosten. Im Vergleich zur japanischen Küstenstadt würde es in der dicht besiedelten Schweiz noch um einiges teurer. Versichert sind die AKW-Betreiber aber gerade mal auf 1,8 Milliarden Franken.

Energieexperten beurteilen die Aussagen von Rolf Wüstenhagen:

Rolf Wüstenhagen benützt viele leere Worte, um zu sagen, dass die Gegner falsch liegen. Eine greifbare Erklärung oder einen Beleg dieser Behauptung fehlt im ersten Abschnitt gänzlich. Dann greift er zu einem Beispiel, das abenteuerlich behauptet, die aktuelle Infrastruktur unserer Energieversorgung würde seit 50 Jahren nicht modernisiert und ignoriert damit den Bau der Kernkraftwerke, der Pumpspeicherkraftwerke und alle bisherigen Installationen von Sonnen- und Windkraftwerken. Kernkraft ist aber die herausragende Weiterentwicklung unserer Stromversorgung in den letzten 50 Jahren. Sie hat den Strom für das Wirtschaftswunder der 50-er bis 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts bereitgestellt und weist eine unschlagbare Effizienz, Zuverlässigkeit und Ökonomie auf. Die Erneuerbaren wie Wind und Sonne haben in den letzten 20 Jahren trotz enormer Weiterentwicklung nicht annähernd an diese guten Werte anschliessen können. Die deutsche Energiewende mit 26’000 Windkraftwerken und rund 60 Gigawatt an installierter Photovoltaik hat bisher klar gezeigt, dass die sichere Versorgung mit Erneuerbarer Energie komplett unmöglich ist, weil Wind und Sonne extrem wetterabhängig sind und es deshalb bei Windstille und Dunkelheit immer wieder zu grossen Versorgungslücken kommt. Zeitweise müssen auch Heute noch in Deutschland fast 95% der Stromversorgung ausschliesslich durch Kohle- Gas- Kern- und Wasserkraftwerke sichergestellt werden. Diverse Studien (Prognos) zeigen denn auch auf, dass selbst im Jahr 2050 immer noch 56% der Stromversorgung in Deutschland durch die konventionellen Kraftwerke gesichert werden müssen.

Rolf Wüstenhagen ignoriert auch die Tatsache, dass vor allem private Haushalte und der freie Markt freiwillig Milliardensummen in die Erneuerung der Verbrauchergeräte und sogar in Solaranlagen investieren. Nichts von „Traumwelt, in der nichts investiert wird“, sondern ein Spielen des freien Marktes, der automatisch die günstigere und effizientere Form von Energieproduktion- und Verbrauch findet. Die Investitionen, die Rolf Wüstenhagen meint, sind Fehlanreize in Windkraftwerke ohne Wind und Stromsparmassnahmen, die die Falschen treffen. Das ist aber genau der Grund, warum Strom teuer wird: Ineffiziente Windkraftwerke und Zwangsmassnahmen, die die Bevölkerung umsetzen muss, egal, ob sie Sinn machen oder nicht.

Bei Wüstenhagens Behauptung „Weniger Energie kostet auch weniger – logisch, oder?“ ignoriert er die relative Verteuerung des Strompreises pro verbrauchte Kilowattstunde durch die Massnahmen des neuen Energiegetzes. Problematischer ist aber die Behauptung, dass durch das neue Energiegesetz der Gesamtergieverbrauch sinken soll. Alleine bei den Gebäudemassnahmen ist eine Zunahme an grauer Energie für die zusätzliche Isolation und der Mehrverbrauch durch die Umlagerung von fossiler Energie in Stromenergie zu erwarten. Noch massiv mehr Strom wird die Elektrifizierung der Mobilität benötigen. Wie will Rolf Wüstenhagen diesen extrem hohen Mehrverbrauch mit Sparmassnahmen ausgleichen? Kalt Duschen vielleicht?

Die leidige Atomhavarie im KKW Fukushima Daichi muss selbstverständlich auch noch erwähnt werden. Wie Wüstenhagen auf die Kosten von 100 Milliarden Franken kommt, ist wohl auch ihm selber nicht ganz klar. Aber die Zahl ist natürlich eindrücklich. Warum unterschlägt Rolf Wüstenhagen die Tatsache, dass Fukushima Daichi und alle Umstände, die zum Unfall geführt haben mit unseren Kernkraftwerken nicht vergleichbar sind? Es ist kein einziger Mensch wegen Verstrahlung in Fukushima gestorben, der verursachende Tsunami und das Tohoku Erdbeben haben 18’500 Menschen das Leben gekostet. Das hat aber überhaupt nichts mit der Atomhavarie zu tun. Die Bevölkerung der Region Fukushima hat gemäss WHO wegen der Kernschmelze weder heute noch morgen gesundheitlichen Nachteile zu erwarten.

Die Zahlen und Fakten aus unserer Sicht

Die CHF 3’200,- welche die SVP als Kosten angibt, gründen auf der Tatsache, dass der Bund die Kosten der Energiestrategie auf 200 Milliarden Franken beziffert hat. Die Zahl ist meiner Meinung nach stark untertrieben, denn die Folgen des neuen Energiegesetzes werden viel weitreichender und grösser sein, als diese ungefähre Zahl der Gegner. Ich schaue lieber nach Deutschland, was die Kosten für die Haushalte betrifft und benütze dazu einfache, aber gut belegbare Zahlen:

Nur schon die in Deutschland aktuell ausgeschütteten Subventionen an die Erneuerbaren belaufen sich auf jährlich 28’000’000’000 Euro. Das sind immerhin rund 30 Milliarden Franken pro Jahr. Legt man das auf jedes Kind, jeden Mann und jede Frau um, die in Deutschland leben, erhält man schon den Betrag von 375 Franken PRO PERSON, weil die Bevölkerung Deutschlands momentan 80 Millionen Individuuen zählt. Selbstverständlich ist das ein Betrag, der noch durch die Tatsache erhöht wird, dass viele Sozialhilfebezüger keinen Strom mehr erhalten, weil sie ihn sich nicht mehr leisten können. Die Subventionen werden demnach nur von den Menschen bezahlt, die überhaupt noch Strom konsumieren können. Die Deutsche Energiestrategie hat den Strompreis seit dem Jahr 2000 ziemlich genau VERDOPPELT. Diese auch für die Schweiz mit Sicherheit zu erwartende Wirkung schlägt demnach zusätzlich massiv auf die Kosten. Rechnet man mit dem statistischen Durchschnittswert von ca. 1 MWh pro Person und Jahr, müssen demnach weitere 150 Franken pro Person dazugezählt werden. Wir sind ohne Probleme bei einem Betrag von CHF 525.- pro Person und Jahr angekommen. Das bedeutet für eine 4-Personen-Haushalt Kosten von  zusätzlichen 2’100 Franken. Wohlgemerkt, das sind die realistischen Zahlen für Deutschland, das den Weg des jetzt zur Abstimmung kommenden Energiegesetzes schon vor 17 Jahren gegangen ist. Da sind noch keine Mehrkosten für den Mehrverbrauch für Wärmepumpen und die gesamte Mobilität eingerechnet. Es fehlen in diesem Betrag auch alle indirekten Kosten durch die Verteuerung der allgemeinen Produktionsstandortes. Die Annahme, dass wir im Jahre 2035 oder auch 2050 WENIGER Strom pro Person benötigen, hat keine realistische Basis vorzuweisen. Hier irrt Wüstenhagen radikal. Das pure Gegenteil ist dagegen sehr wahrscheinlich und kann gut erklärt werden.

Man muss hier wieder mal in Erinnerung rufen, dass die Deutsche Energiewende als exaktes Muster für unsere Energiestrategie hingehalten hat. Doris Leuthard und ihre Beamten im Bundesamt für Energie haben sie fastt 1:1 kopiert. Dabei fällt auf: Die Schweizer haben ihre Variante ausgerechnet im Bereich der Minimalanforderungen für die Leistung der Windkraftanlagen leicht abgeändert. Weil unsere Windkraftwerke kaum über Wind verfügen, wurde – im Gegensatz zu den deutschen Windkraftwerken – keinerlei Mindestleistungen in Form des sogenannten Referenzertrages vorgesehen. Das Ergebnis ist fatal: Weil die Suisse Eole trotzdem 4’000 Gigawatt Leistung aus diesen ineffizient produzierenden Anlagen pressen will, muss die Schweiz auch an den untauglichsten Standorten solche Monsteranlagen aufstellen. Der Beitrag dieser untauglichen Anlagen an eine zuverlässige Stromversorgung ist gleich Null. Die Kosten für die Gesellschaft und die Natur ist aber maximal hoch.

Fazit eines neutralen Energiespezialisten:

Rolf Wüstenhagen konstruiert gekonnt negative Fakten gegen die aktuelle und bewährte Energieversorgung, die er aber weder erklären noch belegen kann. Er geht von falschen Grundlagen aus, lässt positive Aspekte gekonnt weg, um die negativen Aspekte umso mehr zu übertreiben. Seine Gegenbehauptung hat keinen Gehalt und zeigt, wie hilflos die Befürworter der Energiestrategie nach Argumenten suchen. Rolf Wüstenhagen klärt die Bevölkerung nicht auf. Er will sie glauben machen, alles Heil für die Zukunft würde durch die Annahme des revidierten Energiegesetzes möglich. Das pure Gegenteil davon kommt der Realität näher. Wie die Fakten eindrücklich belegen, führt uns Rolf Wüstenhagen bewusst oder unbewusst in die Irre mit seinen wackeligen Gegenthesen. Die Energiestrategie kostet uns auf JEDEN FALL viele Tausend Franken mehr, als ein moderater und vernünftiger Ausbau der aktuellen Energieversorgung ohne diese extremen und nicht umsetzbaren Wunschträume der Grünen.

Deshalb am 21. Mai 2017 ein grossartiges Nein, gegen dieses verfehlte Energiegesetz.

 

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