Die seltsame Berichterstattung der Sonntagszeitung.ch

In der Ausgabe vom 31. August 2014 der Sonntagszeitung wird der Leser über die Gefahr der natürlichen radioaktiven Strahlung wie folgt aufgeklärt (wörtliches Zitat aus der Printausgabe der Sonntagszeitung, Seite 57):

„Der Geburtsort beeinflusst das Krebsrisiko

(Martina Frei) Kinder, die in Graubünden, im Tessin oder im Wallis geboren werden, haben ein deutlich höheres Risiko, an einem Hirntumor oder einer Leukämie zu erkranken, als Sprösslinge aus dem Unterland. Grund dafür ist die höhere radioaktive Strahlung, der sie im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren ausgesetzt sind. Das ist das Ergebnis einer Studie, die letzte Woche an der Swiss Public Healt Konferenz in Olten präsentiert wurde.“

Da es die Journalistin Martina Frei und die Sonntagszeitung versäumt haben, die genaue Quelle dieser Studie anzugeben, musste ich aufgrund der Namen der Studienautoren Claudia Kühni und Ben Spycher die zitierte Originalstudie auf der Plattform „BiomedExperts“  selber nachrecherchieren. Die komplette Studie ist nicht ohne erweiterten Zugriff zu bekommen, aber der sogenannte „Abstract“ genügt dazu vollumfänglich. Der Originaltitel der Studie lautet „Domestic radon exposure and risk of childhood cancer: a prospective census-based cohort study„. Die Überraschung blieb denn auch nicht lange aus:

BACKGROUND: In contrast with established evidence linking high doses of ionizing radiation with childhood cancer, research on low-dose ionizing radiation and childhood cancer has produced inconsistent results. OBJECTIVE: We investigated the association between domestic radon exposure and childhood cancers, particularly leukemia and central nervous system (CNS) tumors. METHODS: We conducted a nationwide census-based cohort study including all children < 16 years of age living in Switzerland on 5 December 2000, the date of the 2000 census…[  ]
CONCLUSIONS: We did not find evidence that domestic radon exposure is associated with childhood cancer, despite relatively high radon levels in Switzerland. (Hervorhebung durch Autor dieses Artikels).

Die Sonntagszeitung interpretiert die Studie nach ihrem Gusto

Wieso kommt die Sonntagszeitung zu einer komplett widersprüchlichen Erkenntnis (Conclusion), als die von ihr zitierte Studie? Wir wissen es nicht. Wir können nur spekulieren, dass solche regelmässig in den Medien gestreuten Aussagen subtil das Gerücht am Leben erhalten sollen, wie vermeintlich geringste Mengen Radioaktivität unseren geliebten Kindern Schaden zufügen könnten. Das alarmiert die Eltern gewollt und soll suggerieren, dass auch allerkleinste Mengen Radioaktivität unsere Kinder krank machen. Sowas passt in die obskure Theorie der Atomkraftgegner, dass schon kleinste Mengen Radioaktivität eine negative Auswirkung auf die Gesundheit haben soll. Kinder sind für die Bildung von medialen Angstszenarien immer wieder gut geeignet.
Solch abenteuerlich konstruierte Anschuldigungen sind nur gegen den Betrieb der Kernkraftwerke gerichtet. Obwohl sich auch hier keinerlei Gefahren belegen lassen, finden wir solche Krümel der informellen Ignoranz immer wieder in den Schweizer Medien. In regelmässigen Abständen werden diese unscheinbar daherkommenden Desinformationen der Öffentlichkeit aufgetischt, damit die latente Ablehnung der Kernkraftnutzung am köcheln gehalten wird. Um die Diskrepanz der medialen Berichterstattung in ihrer vollen Kraft aufzuzeigen, setzen wir die beiden Aussagen der angeblich deckungsgleichen Studie und die Interpretation der Sonntagszeigung mal nebeneindander:
Sonntagszeitung: „Kinder, die in Graubünden, im Tessin oder im Wallis geboren werden, haben ein deutlich höheres Risiko, an einem Hirntumor oder einer Leukämie zu erkranken, als Sprösslinge aus dem Unterland. Grund dafür ist die höhere radioaktive Strahlung, der sie im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren ausgesetzt sind.
Zitierte Studie von Claudia Kühni (i.D. übersetzt): „Wir haben keinerlei Belege dafür gefunden, dass lokale Radonbelastung in Verbindung mit Kinderkrebs gebracht werden kann, obwohl die Schweiz eine relativ hohe [natürliche] Strahlenbelastung aufweist.“

Gefährliche Sedimente im Bielersee?

Wer erinnert sich nicht an das Häufchen Sediment aus dem Bielersee, das eine Radioaktivität von sagenhaft wenigen Bequerel aufwies. Es wurde von der Sonntagszeitung und vom Le Matin dermassen aufgebauscht, dass man darob Angst bekommen konnte. Nur wer sich über die genauen Umstände informiert hatte, bekam eine Ahnung von der Bedeutungslosigkeit dieser Meldung. Sie entpuppte sich schnell als reine Desinformationkampagne der Atomkraftgegner innerhalb der schweizer Medien.

Gleiches Vorgehen auch  bei dem Gerücht über erhöhte Krebsraten in der Nähe von Kernkraftwerken

Das gleiche Muster wiederholt sich immer wieder. Das Gerücht, die Strahlung von Kernkraftwerken würde die in der Nähe lebenden Kinder mit einem erhöhten Krebsrisikon belasten, wurden durch die CANUPIS-Studie komplett widerlegt. Nichtsdestotrotz wird dieses Gerücht durch die Umweltverbände WWF, Greenpeace und Schweizerische Energiestiftung weiterhin portiert, wie wenn nichts geschehen wäre. Durch die omnipräsenten Agenten der Atomkraftgegner werden weiterhin Flyer an unerfahrene und gutgläubige Eltern verteilt, damit sich das falsche Gerücht in der Bevölkerung halten kann.

SP-NR Max Chopard im Gleichschritt mit seinen grünroten Desinformationskollegen

Auch die Reise von Max Choppard nach Fukushima, ein grossartig aufgezogenes Medienspektakel der Sozialistischen Partei, gehört in diese Rubrik der gezielten Desinformation der Bevölkerung. In der Zwischenzeit wurde der Nationalrat Max Choppard für seine hervorragenden ‚Leistungen‘ in der Aufklärung der Bevölkerung mit einer Anstellung in der Umweltarena Spreitenbach geadelt. In Fukushima hat er noch nicht einmal den Unterschied zwischen Milli- und Mikrosievert verstanden. In der Umweltarena darf er als Energiespezialist seine kruden Vorstellungen einer 2000-Watt-Gesellschaft unter den bezahlenden Besuchern verbreiten.

Die Sonntagszeitung konstruiert phantasievolle Zahlen, damit sie was hergeben

Wenn die Zahlen wenig eindrücklich sind, greift die Journalistin gerne zum Trick mit den kleinstmöglichen Einheiten, damit trotzdem eine anständige Zahl ausgewiesen werden kann:
„Statistisch eindeutig war der Zusammenhang aber bei den Hirntumoren und Leukämien: Dort ist das Risiko für Kinder aus Regionen mit hoher Umweltstrahlung (definiert als über 200 nS pro Stunde) doppelt so hoch wie für jene aus Gegenden mit unter 100 nS pro Stunde …“
Hat der durchschnittliche Leser den obigen Text wohl verstanden? Nach tausenden von Seiten Literatur über Radioaktivität musste ich bei der Einheit nSv (Nanosievert) doch tatsächlich die Online-Bibliothek Wikipedia konsultieren, damit mir die Bedeutung klar wurde. Es handelt sich dabei um einen Milliardstel Sievert, der ausserdem offiziell mit dem Kürzel „nSv“ bezeichnet wird, in der Sonntagszeitung demnach falsch geschrieben wurde.  Martina Frei hat die Zeiteinheit Stunde (h) gewählt. Warum auch immer: So wird das Verständnis wohl kaum besser.
 
Wer diesen mikrigen Wert nun auf die übliche Jahresbelastung hochrechnet, bekommt ein Resultat von unspektakulären 2 Millisievert. Das ist die längst bekannte natürliche und jahresdurchschnittliche Strahlenbelastung in der Schweiz. Wenn diese Strahlendosis von der Sonntagszeitung als „hohe, natürliche Strahlenbelastung“ bezeichnet wird, was müssen dann erst die armen Bewohner im iranischen Wellnessort Ramsar aushalten, deren natürliche Strahlenbelastung beim über Hundertfachen davon liegt und dort trotzdem keine gesundheitlichen Auffälligkeiten und schon gar nicht mehr Krebsfälle bekannt sind?
 
Aber jetzt wollen wir diesen Wert von 2 mSv (Millisievert) erst im Kontext mit den Empfehlungen der WHO (Weltgesundheitsorganisation) betrachten. Diese sieht erst ab einem Wert von über 100 mSv! (100 Tausendstelsievert) einen statistisch nachweisbaren Zusammenhang mit Krebs durch Radioaktivität bestätigt. Dieser Wert gilt auch in der Weltgesundheitszentrale längst als statistisch unbedenklich und pathologisch immer noch als kaum wirksam. Aber als linksgeneigte Journalistin muss man das den Lesern nicht aufzeigen. Es würde sich „Information“ oder sogar „Aufklärung durch die Medien“ nennen. Das war wohl kaum im Interesse der Sonntagszeitung. Die Journalistin Martina Frei konstruiert deshalb fröhlich weiter:
Seit Hiroshima (Atombombenabwurf 1945 Anm. Autor) ist bekannt, dass radioaktive Strahlung zur Leukämie führen kann, sagt Kühni. Je jünger die Kinder, desto stärker wirke sich das aus…
Hier vergleicht die umtriebige Journalistin eine Strahlenbelastung einer Atombombe (kurze, intensive Gammastrahlung) mit der andauernden aber im Vergleich zu einer Atombombe äusserst geringen natürlichen Strahlung. Sie lässt durch diesen unwissenschaftlichen Vergleich durchblicken, dass sie entweder keine Ahnung von der Wirkung radioaktiver Strahlung hat, oder sie belegt ihre eigentliche Absicht der gewollten Desinformation ihrer Leser. Es sind exakt die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki und die akribische Forschung deren Auswirkungen auf die damalige Bevölkerung und ihrer Nachkommen, die die WHO heute zur wissenschaftlich fundierten Aussage berechtigt, unterhalb von 100 Millisievert Jahresbelastung seien keinerlei gesundheitliche Folgen zu erwarten.

Systematische Desinformation – was sonst?

Martina Frei und die Sonntagszeitung suggerieren in ihrem Artikel vom 31. August 2014 aber eindeutig etwas Anderes. Nämlich, dass unsere Kinder schon bei einer natürlichen Strahlenbelastung von um die 2 Millisievert in grosser Gefahr schweben würden, an Leukämie zu erkranken. Und das, liebe Sonntagszeitung, ist Desinformation vom Feinsten. Denn wenn wir auf den ursprünglichen Titel der Sonntagszeitung für diesen Schwachsinn zurückkommen, sticht uns ins Auge, dass ihr wohl etwas Wesentliches nicht ganz richtig verstanden haben wolltet:
Der Geburtsort beeinflusst das Krebsrisiko
Nichts von alledem – Weder lokal unterschiedlich noch überhaupt irgendwie. Die Strahlung ist schlicht und einfach zu schwach für eine medizinische Wirkung. Exakt das sagt ja auch die Studie, die Martina Frei hier als Grundlage ihres seltsamen Artikels bezeichnet. Aber für den kernkraftfeindlichen, medialen Sturm im Wasserglas genügt offensichtlich jeder übelriechende Furz in einem Journalistenkopf .

4 Kommentare von "Die seltsame Berichterstattung der Sonntagszeitung.ch"

  1. Martina Frei's Gravatar Martina Frei
    2. September 2014 - 08:15 | Permalink

    Sehr geehrter Herr Merkli,
    leider haben sie die falsche Studie herausgesucht, weshalb ihre Vorwürfe meinen Artikel betreffend ins Leere laufen. Vielleicht fragen sie vor ihrem nächsten Blogeintrag besser bei der Autorin oder dem Autor nach, bevor sie ungerechtfertigte Anwürfe loswerden. Gerne zeige ich ihnen die Daten, auf die ich mich bezogen habe. Die im Artikel erwähnte Studie ist noch nicht publiziert, sie war aber als Poster in Olten zugänglich, und die Autoren haben weitere Analysen gemacht. Ich bitte sie, ihre falschen Aussagen im Blog zu korrigieren.
    Mit freundlichen Grüssen,
    Martina Frei

  2. 6. September 2014 - 08:11 | Permalink

    Gerne komme ich auf meine Aussagen zurück, wenn Sie mir diese scheinbar noch nicht veröffentlichte Studie zur Ansicht überlassen. Es ist aus meiner Sicht aber offensichtlich, dass Sie hier der „Informationspolitik“ der Atomkraftgegner aufgesessen sind. Sie können beim besten Willen nicht abstreiten, dass Ihre Aussagen aus aktueller Sicht wissenschaftlich alles andere als fundiert daherkommen. Sie blenden aktuelle Studien der WHO und der UNSCEAR aus. Ausserdem übernehmen Sie im Artikel sinngemäss die Anwendung der äusserst umstrittenen LNT-Theorie, die sich in der Praxis schon längst als untaugliche Aussage zur Beurteilung kleinster Mengen Radioaktivität erwiesen hat. Ist Ihnen die Grössenordnung „Nanosievert“ eigentlich bewusst? Ich kenne KEINE wissenschaftliche Studie der internationalen Strahlenforschung, die sich noch mit dieser Grössenordnung befasst. Man darf auch annehmen, dass selbst ein teuerer Dosimeter und kaum ein Strahlenmessgerät über eine entsprechende Skala verfügt. Aus diesen und verschiedensten anderen Gründen liegt die Vermutung nahe, dass Sie selber nicht viel Erfahrung im Bereich radioaktive Strahlung verfügen. Deshalb sollten Sie sich nur vorsichtig zu diesem Thema äussern und sich keinesfalls wundern, wenn die Gemeinschaft der Experten auf solche Medienberichte kritisch reagiert. Als Journalistin haben Sie eine Verantwortung zur objektiven Berichterstattung. Aber das können Sie in einem medialen Umfeld nicht wagen, das Sie zur Paria erklärt, wenn Sie politisch motivierte Marketingberichte von Greenpeace und WWF kritisch hinterfragen. Versuchen Sie es doch trotzdem mal!

  3. 13. September 2014 - 06:58 | Permalink

    Liebe Martina Frei von der Sonntagszeitung. Sie sind mir immer noch die Daten schuldig, die Sie mir „gerne zeigen“ wollten. War das eher eine rhetorische Bemerkung, oder kommt da noch was Konstruktives? Oder haben Sie schon selber bemerkt, dass die Marketingabteilung der Grünen bei Ihnen etwas gar zu ernst genommen wird? Darf ich Ihnen auch einmal ein Plakat zukommen lassen, das die Sonntagszeitung zu einem ungeprüften Artikel über die Ungefährlichkeit von kleinsten Dosen radioaktiviter Strahlung motiviert? Versuchen Sie es ruhig, ich mache hier keine leeren Versprechungen.

  4. 29. September 2014 - 09:29 | Permalink

    Im Tessin, im Wallis, im Graubünden gibt’s doch kein AtomKraftWerk – aber gibt es nicht auch dort Sendemasten (Radar, Sender, Suchanlagen?). Diesen Hinweis auf Fakten die ich aus der Forschungsbereich (m)eines Konzerns kenne: Krebs sei ein elektr. magn. Impuls der ein schnelles Zellwachstum auslöse. Und ich solle nie im Auto mit meinem Handy telefonieren (Farrahdeischer Käfig), oder NUR mit Aussenantenne. Und am besten nie am Kopf, sondern am besten mit Kabelkopfhörer verbunden. DENN die Strahlungen können Krebs auslösen: also Distanz. – Das wusste auch Siemens schon vor 20 Jahren (sagte dann aber jenem dort arbeitenden Forscher: sägen wir den Ast ab auf dem wir sitzen? Es ist ein Milliardenbusiness). Leider wurde die Forschungsabteilung plötzlich aufgelöst, Weiterforschung verboten (denn Krebs wäre heilbar, ohne Pharma: lediglich das Naturgesetz voll entdecken, und schon hast den ‚Gegenimpuls‘ der das schnelle Zellwachstum stoppen kann – so macht es auch die Sonne. Löst Wachstum aus, stoppt es im Herbst, u v m. – Lese mal z B „der Urzeit-Code“)

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