Die Gegner des Windkraftwerke Heitersberg befürchten massiven Eiswurf von den geplanten Anlagen. Das gut dokumentierte Problem wird seit jeher durch die Initianten des Windparks ignoriert und zerredet. Mit der Stellungnahme zu den 42 Einsprachen aus allen Volksschichten wartet die Mittelland Windenergie GmbH mit neuen überraschenden Lösungen auf:
Im Winter rund um die Uhr heizen mit Atomstrom aus dem Netz
Während die Testanlagen auf der Gütsch noch über bescheidene 12 Kilowatt konsumierende Heizelemente verfügt haben, wartet die ENERCON mit einer tollen „Verbesserung“ auf, die den Eisbefall gar nicht erst entstehen lassen soll. Mit einer durchgehenden Beheizung der Rotorblätter will man dem Eis endlich Herr werden. Dazu wird eine neue Generation von Heizelementen verwendet, die über eine Leistung von 85’000 Watt verfügen. Sie ermöglichen es, die Rotorblätter theoretisch über dem kritischen Wert zu erwärmen, wo sich Eiskristalle auf den Flügeln bilden können. Diese Technik habe sich bei einem Windpark in Schweden als tauglich erwiesen, meint der Hochglanzprospekt der Herstellerfirma.
Werden Windkraftwerke nun für die Produktion oder den Verbrauch von Strom gebaut?
Eine verwirrende Frage, bestimmt! Es entspricht ohne Zweifel der Tatsache, dass eine derartige Monsterheizung in der Lage ist, das Problem „Eiswurf“ als solches zu lösen. Doch zu was für einem Preis? Wurden Windkraftwerke nicht ursprünglich für die Produktion von Strom aus Windkraft entwickelt? Ich meine schon!
Hier ist die Wirkung aber genau umgekehrt: Das Windkraftwerk benötigt massenhaft Atomstrom aus dem Netz. Auf dem Heitersberg kommt die sichere Stromversorgung zu 70% aus den nahen Kernkraftwerken, so ist es auf der Stromrechnung jedes Remetschwiler Haushalts ausgewiesen. Treiben wir hier also den Teufel mit dem Belzebueb aus? – Es sieht schwer danach aus!
Dabei kann man der Herstellerfirma ENERCON keinen Vorwurf machen. In der Realität funktioniert das wahrscheinlich ganz gut – aber eben ausschliesslich für gut bewindete Anlagen im Norden Europas und nicht bei Standorten, die den weitaus grössten Teil der Tage über keinen oder wenig Wind verfügen.
Diese vorgeschlagene Lösung funktioniert einwandfrei, wenn die damit beglückte Anlage auch schön „am Wind“ liegt und deshalb genügend Strom erzeugt. Eine andauernde Beheizung ist zwar ein zusätzlicher Nachteil, weil ja ein Teil des Stroms für „interne“ Funktionen verloren geht. Die Bilanz könnte unter optimalen Verhältnissen durchaus positiv ausfallen, weil die Anlage wegen der daraus resultierenden Verhinderung des Eisbefalls auch mehr Strom produzieren würde. Damit das funktionieren kann, ist aber eine ganz bestimmte kritische Auslastung der Anlage notwendig. Anlagen an Standorten mit geringem Windaufkommen stehen öfters still – genau die Situation, wie wir sie im gesamten Mittelland der Schweiz – und damit auch auf dem Heitersberg – mit Sicherheit erwarten dürfen.
Tage- bis wochenlange Flauten sind normal auf dem Heitersberg
Was geschieht nun aber, wenn die Anlage mangels Windaufkommen tage- ja wochenlang stillsteht? – Entweder wird während dem Stillstand fleissig geheizt – pro Stunde also mit einer Strommenge von 85 KWh – oder die Flügel vereisen trotzdem.
Es ist anzunehmen, dass die horrenden Stromrechnungen die Betreiber zur zweiten Lösung zwingen – die Rotoren vereisen, weil sich die tagelange Beheizung mit Atomstrom nicht lohnen kann! Der Effekt ist dann der gleiche, wie ohne die Monsterheizung: Eiswurf auf den nahen Wanderweg, ohne Vorwarnung, denn auch diese Anlage wird „automatisch andrehen“ und erst wieder abschalten, wenn sie das unübliche Leistungsverhalten des Systems „bemerkt„, weil sich Eis gebildet hat. Ein einziger Umgang der angetauten Rotoreisbeschichtung und das Eis fliegt weit über hundert Meter in der Gegend herum – Eisstücke, die schon mal mehrere Kilogramm Gewicht aufweisen können.
Drehen die Rotoren trotz Windmangel?
Ja, das tun sie weltweit schon heute! Immer, wenn es gerade mal wieder kein echtes „Lüftchen“ hat, werden die Anlagen zu Demozwecken wiederum unter Benützung des vorhandenen Atomstroms aus dem Netz angedreht, damit es so aussieht, als würden sie sich „selber“ drehen. Diese Funktion ist aber auch aus verschiedenen technischen Gründen notwendig: „Andrehen“ bei wenig Wind (ein sehr häufiges Szenario in der Schweiz) und für obigen Fall „Weiterdrehen“ für die Verhinderung des Eisbefalls bei gleichzeitigem Heizen. Nachteil: Für das Andrehen oder Weiterdrehen wird Strom aus dem Netz bezogen und benötigt neben der Leistung der Nebenaggregate noch einmal zusätzlichen Strom aus dem öffentlichen Netz. Bei länger anhaltender „Unterstützung“ macht das aber keinen Sinn mehr, die Anlage steht aus ökonomischen Gründen still und muss die Beheizung irgendwann mal abschalten. Es würde lediglich die Umwelt aufgeheizt und der Nettoertrag würde in solchen Tagen weit unter Null sinken.
Diese Technik mag in Schweden funktionieren. Dort würde aber niemand ein Windkraftmonster lediglich 46 Meter neben einem vielbegangenen Wanderweg aufstellen oder unterhalb von 6m/s Durchschnittswind realisieren. Und das schon gar nicht auf einem Hügel, der an 300 Tagen im Jahr wenig bis gar kein Windaufkommen hat. Denn mit aller schönen Technik und den blumigen Erklärungen der Exponenten der Windradlobby: Das wochenlange Beheizen einer Windkraftanlage mit Atomstrom kann beim besten Willen nichts zu einer modernen Energiegewinnung beitragen.
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